Darstellung einer Operation im Wund-Artzneyischen Zeug-Haus

Ein besonders wertvolles Schmuckstück hat jetzt Eingang in unsere Bibliothek gefunden: Die Kolleginnen und Kollegen, die die nächste große Landesausstellung zur Geschichte und Zukunft der Medizintechnik vorbereiten – Herzblut -,  haben das Wund-Artzneyische Zeug-Haus von Johannes Scultetus, das 1666 in Frankfurt erschienen ist, erworben. Das Werk gilt als eines der bedeutendsten und umfassendsten Lehrbücher der Chirurgie seiner Zeit, denn es zeigt auf 56 Kupfertafeln detailliert die damaligen chirurgischen Instrumente sowie zahlreiche Operations- und Behandlungsmethoden. Nicht nur die Gynäkologie, Zahlheilkunde, Urologie und Proktologie werden von Scultetus thematisiert, sondern er erklärt auch ausführlich, wie etwa Amputationen vorgenommen werden sollen.

Eine Amputation wird Bild für Bild dargestellt.

Passion für die Chirurgie
1595 in Ulm geboren, studierte Johann Scultetus in Padua Medizin, wo er während seines Studiums als Sezierer im Theatrum Anatomicum tätig war und sich so weitreichende Kenntnisse aneignete. 1625 kam er als Stadtphysicus wieder zurück nach Ulm, wo er verantwortlich war für die Gesundheit der Bürger und die hygienischen Bedingungen der Stadt. So überwachte er die Hebammen und Bader wie auch das Spital und die Apotheken der Stadt. Auch die Leichenschau und Obduktion von Toten gehörten zu seinen Aufgaben. Seine Kenntnisse fasste der Chirurg im Buch „Armamentarium Chirurgicum“ kurz vor seinem Tod zusammen, das auf Latein 300 Rezepte zur medikamentösen Therapie umfasst und beschreibt, welche Behandlungsmethoden  im Krankheitsfall zur Anwendung kommen können. Dazu gehören auch Abbildungen von chirurgischen Instrumenten, die er neu erfunden hatte, und die ein präziseres und schnelleres Operieren ermöglichen sollten.

Johannes Scultetus thematisiert auch Schädelöffnungen.

Wissen für nachfolgende Arztgenerationen
Johann Scultetus konnte sein größtes Werk allerdings nicht beenden, er starb 1645 in Stuttgart. Sein Neffe Johannes, dessen Medizinstudium er zuvor ermöglicht hatte, schloss das Buch zehn Jahre später ab und ließ es in Ulm drucken. 1657 erschien die erste niederländische Übersetzung, Amadeus Megerlin, Arzt aus Heidenheim und Nürtingen, sorgte für eine Übersetzung ins Deutsche und publizierte Scultetus´Werk 1666, 21 Jahre nach dem Tod von Johann Scultetus, unter dem Titel „Wund-Artzneyisches Zeug-Haus“. Auf diese Weise wurde das Wissen auch den in der Regel nicht akademisch ausgebildeten Chirurgen und Wundärzten zugänglich, die lateinische Texte nicht lesen und verstehen konnten.

Das Wund-Artzneyisches Zeug-Haus von Johannes Scultetus ist in der Bibliothek einsehbar und wird auch in der kommenden Sonderausstellung „Herzblut – Geschichte und Zukunft der Medizintechnik“ ab dem 5. November bei uns zu sehen sein.