Ein Werbeaufsteller und seine Geschichte
Frischer Teint, weniger Falten: Das versprach dieser Pappaufsteller aus den 1930er Jahren, der für thorium- und radiumhaltige Puder und Cremes unter dem Markennamen „Tho-Radia“ warb. Der Aufsteller, der als Werbung in Schaufenstern von Apotheken in Frankreich verwendet wurde, ist seit diesem Jahr Bestandteil der Sammlungen des TECHNOSEUM.
1898 von Marie Curie entdeckt, wurde dem radioaktiven Element Radium zunächst eine heilsame Wirkung zugeschrieben. Bereits Anfang des 20.Jahrhunderts eröffneten erste Radium-Kurbäder, es folgten Getränke, Seife, Zahnpasta und sogar Schokolade. 1932 schließlich gründete der französische Apotheker Alexis Moussali die Marke „Tho-Radia“, das sich aus den Begriffen aus Thorium und Radium zusammensetzte.
Die Werbemittel für die Produkte waren echte Hingucker: Der Designer Tony Burnard entwickelte das Motiv mit dem Konterfei einer jungen Frau mit modisch kurzen Haaren, die von unten angeleuchtet wird – und spielte damit auf die belebende Wirkung an, die man den Inhaltsstoffen aufgrund ihrer Strahlung zuschrieb. „Die Entdeckung des Radiums löste eine geradezu euphorische Begeisterung für Radioaktivität aus, manche sahen ihn ihr sogar ein Allheilmittel. Die wundersame Wirkung, die die Werbung Radium-Konsumprodukten zuschrieb, kommt in der mystischen Ausleuchtung des Gesichts gut zum Ausdruck“, so Kurator Dr. Alexander Sigelen. Auch beim Marketing war Moussali einfallsreich: Wie auf dem Aufsteller zu sehen ist, nutzte er Dr. Alfred Curie als eine Art Testimonial – und zwar ausschließlich wegen dessen berühmten Nachnamens. Mit dem Forscher-Ehepaar Marie und Pierre Curie war der Arzt jedoch gar nicht verwandt.
Ab den 1920er Jahren häuften sich allerdings die Indizien, dass radioaktive Substanzen so harmlos dann doch nicht waren. 1937 schränkte die französische Regierung ihren Verkauf erheblich ein, so dass diese Bestandteile aus den Tho-Radia-Produkten verschwanden. Die Marke selbst bestand jedoch noch bis in die 1960er Jahre fort.
Liebes Technoseum,
da habt Ihr ja einen tollen Fund gemacht! Es ist schon verrückt, was im Namen von Schönheit und Gesundheit so alles gemacht wurde… In unserer neuen Dauerausstellung werden wir die Verpackung eines Nahrungsergänzungsmittels aus den 1930er Jahren zeigen, das auch mit radioaktiven Eigenschaften beworben wurde: „Bio-Ultra-Blutnährsalz“ mit „garantiert reinem Radium“! Empfohlen wurde die Einnahme drei bis viermal täglich mit Milch, Suppe, Gemüse, Tee oder Kompott…
Viele Grüße aus Oberhausen
Wiebke Hemme für das LVR-Industriemuseum, Zinkfabrik Altenberg
https://zinkfabrikaltenberg.blog/