Er war ein Technik-Pionier und ist doch heute weitgehend vergessen: Der gebürtige Brite und Wahl-Mannheimer William Fardely gilt als ein maßgeblicher Wegbereiter der elektromagnetischen Telegrafie. Der von ihm entwickelte Telegraf war einer der ersten, der auf dem europäischen Festland zum Einsatz kam. Am 26. Juni 1869 starb der Erfinder in Mannheim, und anlässlich seines 150. Todestages zeigt das TECHNOSEUM Fardelys Innovation: einen Zeigertelegrafen, der spätestens in den 1850er Jahren entlang einer Bahnstrecke von Wiesbaden bis Rüdesheim zum Einsatz kam und den das Museum zusammen mit einem zweiten Exemplar vor wenigen Monaten als Schenkung erhielt. Nur wenige dieser Geräte sind heute noch erhalten. Das wertvolle und frisch restaurierte Objekt ist ab sofort im Ausstellungsbereich zur Mediengeschichte zu sehen.

Die Familie Fardely lebt in der englischen Grafschaft Yorkshire, 1820 zieht sie nach Mannheim: Der Vater ist vermögend, die Mutter hat deutsche Wurzeln, William Fardely junior ist damals zehn Jahre alt. „Über seine Ausbildung ist nur wenig bekannt, sicher ist aber: 1840 geht William Fardely für zwei Jahre zurück nach England und beschäftigt sich dort mit der Telegrafie, einer damals noch brandneuen Technik“, so Dr. Anke Keller, Kuratorin am TECHNOSEUM. „So hatten zum Beispiel die beiden Engländer William Fothergill Cooke und Charles Wheatstone erst 1837 ihren Telegrafen patentieren lassen.“

Freie Fahrt mit Pfiffen und Fahnen?
Die ersten Bahnstrecken in England wie in Deutschland verfügen noch über keinerlei Signale. Stattdessen postiert man entlang der Gleise Personal, das sich zum Beispiel mit Pfiffen oder dem Schwenken von Fahnen untereinander verständigt. Als der Zugverkehr intensiver wird, muss eine Alternative her – und mit elektrischen Signalen bieten sich ganz neue Möglichkeiten, Nachrichten über große Distanzen hinweg zu übermitteln. Für diese Technologie wirbt auch Fardely in Deutschland, als er, frisch aus England zurück, einen Telegrafen entwirft. 1844 kommt dieser erstmals zwischen Kastel und Wiesbaden zum Einsatz. Als Erster nutzt Fardely dabei die Erde als Rückleiter für den notwendigen Betriebsstrom – das spart eine zweite Drahtleitung und damit Baukosten. Die Apparate selbst sind einfach zu bedienen und zudem günstig, so dass der Tüftler sie bald unter anderem nach Sachsen, Thüringen und Bayern verkauft. Ab 1849 kommt der Fardely-Telegraf auch auf diversen Strecken in der Pfalz zum Einsatz. „Mit dem Einsatz elektrischer Signaltechnik nahm auch der Einsatz der Eisenbahn Fahrt auf, und damit nicht zuletzt die Industrialisierung in ganz Deutschland“, so Keller.

Tüftler, Musiker und Sonderling
Nach diesen vielversprechenden Anfängen kommt die Karriere Fardelys jedoch ins Stocken: Schon 1847 entwickelt die Firma Siemens & Halske einen Zeigertelegrafen, mit dem sich Signale deutlich schneller übertragen lassen. Schließlich verdrängen Morse-Geräte nach und nach die Fardely-Telegrafen; Versuche des Mannheimers, seine Apparate technisch zu verbessern, bleiben am Ende erfolglos. Fardely lebt weiterhin in der Quadratestadt, betätigt sich als Pyrotechniker und Maler. Außerdem spielt er Violine, ist laut Zeitzeugen ein begnadeter Musiker. Er gilt allerdings auch zunehmend als Sonderling, der zurückgezogen und ärmlich lebt. Als er im Alter von 59 Jahren im Allgemeinen Krankenhaus in Mannheim stirbt, hinterlässt er zur allgemeinen Verwunderung ein kleines Vermögen, das an zwei weit entfernte Verwandte geht. Fardelys Schriften und zwei von den wenigen noch erhaltenen Zeigertelegrafen verbrannten im Zweiten Weltkrieg im Mannheimer Schlossmuseum – nun erinnert ein Exemplar im TECHNOSEUM an das Vermächtnis des Erfinders.