Wer eine Zeitung aufschlägt, vergisst gerne, dass noch bis in die 1880er Jahre jeder einzelne Buchstabe vor Druck gesetzt werden musste. Was heute digital funktioniert, war damals reine Handarbeit, die mit der Erfindung der Linotype schließlich revolutioniert wurde.

Seit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg war das Setzen der Buchstaben reine Handarbeit. Ein Setzer schaffte zirka 1.500 Zeichen pro Stunde. Mit der industriellen Entwicklung und dem Aufkommen professioneller Druckmaschinen wurde das manuelle Setzen vor der starken Nachfrage nach Publikationen wie Zeitungen und Zeitschriften ein Problem: Sechs Setzer waren notwendig, um einen Drucker mit Arbeit zu versorgen. Eine Alternative musste her, die automatisiert und schneller arbeitete.

„A line of types!“
1886 kam die Lösung: Die Setzmaschine wurde von Ottmar Mergenthaler erfunden, der 1872 aus dem Schwäbischen in die Vereinigten Staaten ausgewandert war. Der gelernte Uhrmacher arbeitete in der Werkstatt seiner Vetters in Washington, D.C., und stellte nach mehreren Versuchen im Juli 1886 eine Maschine mit frei umlaufenden Messingmatritzen fertig, die er bei der New York Tribune vorstellte: Der Herausgeber soll bei der Inbetriebnahme ausgerufen haben: „A line of types – daher der Name „Linotype“. Und so funktionierte das neue Meisterwerk: Ein Setzer gab über eine Tastatur den zu setzenden Text ein. Daraufhin fielen aus einem Magazin die Matrizen, die Gussformen für die Buchstaben, und wurden zu einer Zeile aneinandergereiht. Die Rücksortierung der Buchstaben – vorher eine zeitraubende Angelegenheit – wurde praktisch gelöst: Über eine kodierte Zahnstange wurden die Matrizen ins Magazin zurückbefördert und landeten automatisch in den entsprechenden Buchstabenkanälen. Mit der Linotype konnte ein Setzer nun bis zu 5.000 Zeichen erstellen.

Helvetica, Times und Arial
Ottmar Mergenthaler verbesserte seine Erfindung stetig weiter und gründete sein eigenes Unternehmen, in dem das Nachfolgemodell der Linotype, die „Simplex“ entstand. Diese stellte er 1889 auf der Pariser Weltausstellung vor und erreichte damit einen weltweiten Erfolg. Edison soll die Zeichensetzmaschine sogar daraufhin als achtes Weltwunder bezeichnet haben. Die Linotype, die im TECHNOSEUM zu sehen ist, stammt aus dem Jahr 1923 aus Mergenthalers Firmenniederlassung in Berlin. Diese Mergenthaler-Setzmaschinen-Fabrik besaß lange Zeit das Monopol auf die Linotype, so dass die Schriften, die entwickelt und durch sie weltweit verbreitet wurden, noch heute bekannt sind: Times, Helvetica oder Arial haben ihren Eingang in moderne PC-Textverarbeitungsprogramme geschafft.

Wo im TECHNOSEUM? Auf der Ebene B im Bereich Satz und Druck.