Modelleisenbahnen – sie begeistern vor allem Männer. Im TECHNOSEUM sind diese technischen Miniaturen Teil der Sammlung und eine Quelle mit großer Aussagekraft für unsere Alltagskultur.

Lummerland auf dem Schreibtisch
Mit der Modelleisenbahn verbinden sich Emotionen. In der Kindheit wurde mühsam dafür gespart oder auf den Weihnachtsmann gewartet, der vielleicht den einen oder anderen Waggon bringt. Unzählige Stunden wurden mit der Bahn verbracht, die technische Faszination war grenzenlos. Noch heute blicke ich in leuchtende Augen, wenn ich am Inventarisieren bin und meine männlichen Kollegen Lokomotiven und Waggons der Marken Fleischmann, Liliput, Märklin oder Roco auf meinem Schreibtisch entdecken.

Carola fährt mit
Und manchmal ist so eine kleine Eisenbahn auch mit völlig anderen Emotionen verbunden. So erlebe ich bei der Inventarisierung eines braunen Güterwagens aus den 1970er-Jahren eine große Überraschung. Ich hebe das Dach ab und aus dem Laderaum lächelt mich ein junges Mädchen auf einem Porträtfoto an, das mit „Carola“ beschriftet ist. Der jugendliche Besitzer vertraute wohl mit diesem Foto seiner heißgeliebten Eisenbahn einen weiteren Schatz an.

Modellbahnglück
Was fasziniert an Modellbahnen? Ist es die Technik selbst, die Welt im Kleinen, die Möglichkeit, einmal Lokführer und Fahrdienstleiter zugleich zu sein oder einfach die Freude daran, etwas konstruktiv zu gestalten und aufzubauen? Auf jeden Fall vergisst man beim Tüfteln und Bauen mit der Modelleisenbahn den Alltag und geht völlig im Spielgeschehen auf. Einzelne Akteure erleben einen Flow.

Geschichte im Kleinen
Modelleisenbahnen erzählen viele Geschichten. Sie sind ein Spiegelbild der historischen Eisenbahnentwicklung und deren Abbildung im Modell, sie liefern Informationen über den zeitgenössischen Umgang der Menschen mit Technik und Innovationen und sie geben Aufschluss über den Modellbahnsport als populäre Freizeitgestaltung. Doch wie fing eigentlich alles an? Die ersten Modelle entstanden in England, fast zeitgleich mit den ersten Eisenbahnen. Und sie waren kein Spielzeug, sondern Anschauungsobjekte einer hypermodernen Technik. Sogar Johann Wolfgang von Goethe erwarb 1829 ein Pappmodell aus England.

Die Welt in Spur H0 (Maßstab: 1:87)
Bis zum Spielzeug war es noch ein Weg: Fahrtüchtige Spielzeuglokomotiven gab es in England erst seit 1840. In Deutschland erschienen 1835 zur Eröffnung der Strecke Nürnberg/Fürth Ausschneidebögen, und Spielzeugkataloge enthalten Eisenbahnen seit den 1860er Jahren. Dann kam Märklin und entwickelte 1891 ein Eisenbahnsystem mit Schienen und Zubehör. Doch der eigentliche Boom begann in den 1950er Jahren: Die Spurweite H0 (1:87) setzte sich durch, die Eisenbahn fand auf einer Tischplatte Platz. Das führte zu aufwendigen technischen Arrangements von Stromkreisen, Signalen und Beleuchtungen sowie zur Ausgestaltung der Plattenanlage mit Gebäuden und Landschaftselementen. Es eröffnete sich eine spannende Welt der Spurweite H0 mit leuchtenden Augen bei kleinen und großen Modelleisenbahnern.

Dr. Constanze N. Pomp, Abteilung Sammlungen